Jean-Paul Sartre (*1905 in Paris, gestorben 1980 in Paris) studierte Philosophie und unterrichtete darin nach seinem Staatsexamen an Schulen in Le Havre, Laon und bis 1944 in Paris. Mit seinem 1943 erschienenen philosophischen Hauptwerk DAS SEIN UND DAS NICHTS wurde er zum wichtigsten Vertreter des Existentialismus und zu einem der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts. Seit 1947 als freier Autor mit seiner Lebensgefährtin, der Autorin Simone de Beauvoir, in Paris lebend, machten ihn seine Theaterstücke, Romane, Erzählungen und Essays weltberühmt. 1964 lehnte er die Annahme des Nobelpreises für Literatur ab.
Von Jean Paul Sartre ist beim Deutschen Theaterverlag erhältlich :
Theaterstücke:
Sartres radikale Umgestaltung des Atriden-Stoffs zeigt Unterdrückung und wie sie durch Freiheitswillen überwunden wird. Der Aufmerksamkeit der deutschen Zensur entgangen, proklamierte Sartre hier den Widerstand gegen die Besatzungsmacht und das Vichy-Regime. Orest kehrt zurück in seine Heimatstadt Argos, die er seit der Ermordung des Vaters Agamemnon nicht wiedergesehen hat. Der Usurpator Ägisth hält das Volk von Argos durch ein künstlich gezüchtetes Schuldbewusstsein in Unfreiheit. Orest beschließt, das Schreckensregime zu beseitigen.
In einem geschmacklosen Salon eines schäbigen Hotels, ohne Fenster, mit künstlichem Licht, das man nicht abdrehen kann, und einer nur von außen zu öffnenden Tür versuchen drei Menschen, zwei Frauen und ein Mann, in einem Machtspiel sich wechselseitig zu beherrschen - und scheitern. Eine Hölle, in der jeder zugleich Peiniger und Gepeinigter ist, Selbsttäuschung und Unaufrichtigkeit den anderen gegenüber nicht mehr funktionieren.
Hamburg-Altona, 1959: Der Sohn eines der größten Industriellen Deutschlands hat sich seit seiner Rückkehr aus Russland, wo er als Schinder von Smolensk bekannt war, in sein Zimmer eingeschlossen. Dort hält er Verteidigungsreden vor einem imaginären Gericht: Entweder alle schuldig oder alle unschuldig! Nicht ertragen könnte er, den Wiederaufbau und Wohlstand der BRD mit ansehen zu müssen. Wenn Deutschland nicht von den Siegermächten vernichtet wird, ist alles sinnlos gewesen ... Der wahnhafte Versuch eines Kriegsverbrechers, mit seiner Schuld zu leben und vor seiner Verantwortung zu fliehen.
Ein Stück, das auf einen tatsächlichen Vorfall zurückgeht und den irrationalen, mystifizierten und mit sexueller Begierde gemischten Hass weißer Südstaatler auf die Schwarzen darstellt. Dabei geht es jedoch weit über den Einzelfall hinaus und zeigt die "Ehrbarkeit" eines Menschen, der Dirne Lizzie, die von der Gesellschaft verachtet wird und schließlich die Maßstäbe für ihr Handeln von den Wohlhabenden und Herrschenden übernimmt.
Ein (fiktiver) Balkanstaat während des Zweiten Weltkriegs: Der junge kommunistische Intellektuelle Hugo bietet sich - aus Ekel vor Kompromissen - an, den Parteisekretär Höderer zu töten, der mit bürgerlichen und konservativen Kräften paktieren will. Aber Höderer fasziniert ihn, überzeugt ihn fast davon, dass man Politik um lebendiger Menschen, nicht um abstrakter Prinzipien willen machen sollte, und Hugo zögert den Mord immer mehr hinaus. Zum Schluss erschießt er Höderer doch - aus Eifersucht, nicht aus politischen Gründen.
Für fünf Widerstandskämpfer, nach einer gescheiterten Aktion gefasst, wird die Folter zur Bewährungsprobe ihrer Standhaftigkeit. Nicht alle sind ihr gewachsen: Lucie zerbricht innerlich, Sorbier stürzt sich aus dem Fenster, der junge François droht zusammenzubrechen und gefährdet dadurch die Flucht ihres Anführers Jean, der der Organisation weiterdienen soll. Sie töten François ...
Sartres Bearbeitung verschärft über Euripides hinaus die Kriegsanklage. Unter dem Eindruck des Algerienkrieges geschrieben, zeigen die Troerinnen Parallelen zwischen der alten Kolonialmacht Athen und dem modernen Europa, zwischen der Zerstörung Trojas und der Vernichtung der Menschheit.
Das Stück ist ein Spiegel der Kommunismus-Hysterie während der McCarthy-Ära.
Deutsche Erstaufführung: Volksbühne Berlin/DDR, 1956